Nachdem ich nun immer wieder gefragt wurde, hier nochmal mal eine Kopie des Artikels, der bereits vor längerer Zeit mal in der "Hawkster" gedruckt war.-
Lenkkopf und Schwingenlager
Spätestens wenn es aus dem Lenkkopf knackt, der Lenker in der Mittelstellung „einrastet“, die Schwinge seitliches Spiel aufweist, oder die ehemals ruhig liegende Mühle ein unruhiges Fahrverhalten aufweist, wird es Zeit sich einmal mit den beiden für´s Fahrwerk wichtigsten Lagerungen zu befassen.
1. Der Lenkkopf: Falls eines der obigen Symptome auftritt ist die Diagnose eindeutig: Schrott !! Zwar kann man als Notbehelf ein einrastendes Lager durch geringfügiges lösen kurzzeitig weiter verwendbar machen z.B. während des Urlaubstrips, aber letztlich kommt man um den Austausch nicht herum. Also zerlegen und raus mit den Lagern. Ab Werk sind in der Hawk Schrägkugellager verbaut. Der Zubehörmarkt bietet dagegen meist Schrägrollenlager (manchmal auch Kegelrollenlager genannt) an. Welche die geeigneteren sind läßt sich gar nicht so leicht sagen: Kugellager sind leichtgängiger, unempfindlicher gegen Einstellungsfehler und unrunde Lagersitze.
Rollenlager dagegen sind präziser, haben eine höhere Belastbarkeit und damit Lebensdauer, sind aber je nach Gestaltung der Lagersitze schwieriger ein- und auszubauen. Im Falle der Hawk würde ich eigentlich eher zu den Serienlagern raten, auch weil die Lagersitze recht schmal sind und dadurch ein Rollenlager etwas über den Sitz hinausragt und damit einen Teil seiner Tragfähigkeit wieder einbüßt. Außerdem müßte man vor der Montage der Rollenlager zuerst die Ovalität der Sitze prüfen, besonders falls die Mühle im Laufe ihres Daseins den einen oder anderen Klaps eingefangen hat !! Bis 2/100 mm sind tolerabel darüber wird´s problematisch, aber kaum ein Heimwerker und nur wenige Werkstätten verfügen über entsprechende Meßwerkzeuge. Also im Zweifel lieber die Kugellager verwenden, die übrigens auch in der Preisklasse jenseits der 20.000,- verbaut werden z.B. in der Fireblade. Honda verwendet diese Lager nicht (nur) aus Kostengründen !!
Eine Sonderstellung unter den Lenkkopflagern nehmen die Rollenlager ein, deren Außenschalen auf 0,06-0,1mm Untermaß geschliffen wurden. Diese werden mittels Lagerkleber fixiert (das hält tatsächlich) und sitzen danach fest und ohne durch einen eventuell ovalen Sitz verformt worden zu sein im Rahmen. So etwas liefert z.B. Emil Schwarz, Urbach. Zusätzlich haben seine Lager noch eine spezielle Tragmutter, oberes Innenlager und die Einstell-Nutmutter sind fest miteinander verbunden, die einen absolut spielfreien Sitz auf dem Lenkrohr gewährleistet. Nicht ganz billig, auch der Einbau ist aufwendiger, aber wenns schon Rollenlager sein müssen, dann die. –
Welches Fett man verwendet ist relativ egal. Normales Lithium-Fett für Wälzlager, Viskosität 2 notfalls auch 3. Da sich das Lenkkopflager (hoffentlich !) nicht dreht, gilt hier ausnahmsweise mal: viel hilft viel, es geht hauptsächlich um Korrosionsschutz. Lager reichlich füllen, auch das Schaftrohr bekommt eine dünne Schicht Fett.
Zur Einstellung: Prinzipiell benötigt jeder Lenkkopflagertyp eine Mindestvorspannung um spielfrei arbeiten zu können. Faustregel: Das Lager soll mit geringer Reibung aber ohne Spiel drehen. Eine zu lose Einstellung der Lager führt neben dem unpräzisen Fahrverhalten auch in kurzer Zeit zur Zerstörung derselben, da die auftretenden „Schläge“ (u.U. sogar hörbares „Klacken“) zu enormen Kraftspitzen führen. Die Mehrzahl der Lager wird tatsächlich durch zu lose Einstellung zerstört ! Eine zu hohe Vorspannung zeigt sich am deutlichsten im niedrigen Geschwindigkeitsbereich (~30km/h): Das Motorrad scheint ständig leichte Schlangenlinien zu fahren. Bei hohem Tempo kann eine falsche Einstellung u.U. zu unkontrollierbarem Pendeln führen weil sich das Motorrad nicht mehr selbständig stabilisieren kann !!!!!! Also Vorsicht, wer sich nicht wirklich sicher ist, sollte von der Einstellung die Finger lassen !!!! –
2. Das Schwingenlager: An der Schwingenlagerung führt schon geringstes Spiel, wir reden hier von Hundertstel Millimetern, zu Fahrwerksunruhen ! Daher sollte dieser Lagerung auch eine entsprechende Beachtung zukommen. Bei jeder Demontage der Schwinge (Kettenwechsel, Motorausbau etc.) spätestens aber nach 4 Jahren sollten die Lager sorgfältig geprüft werden. Ein „fachmännisches Rütteln“ an der Schwinge zeigt bestenfalls einen Totalschaden. Zur zuverlässigen Kontrolle (und zum Nachfetten) muß die Schwinge raus, basta. Bei der Hawk sind, wie bei den meisten Hondas, zwei verschieden Lagerungen verbaut. Links, auf der Kettenseite, befindet sich ein Nadellager, rechts sind zwei Rillenkugellager verbaut, die gleichzeitig die axiale Führung bilden. Zur Prüfung der Lager spannt man am einfachsten die Schwinge an jeweils einer der Innenhülsen (die Dinger, durch die normalerweise die Achse durchgeht) in einen Schraubstock und versucht dann, die Schwinge quer zur Federbewegung zu bewegen. Die Schwinge darf kein (gar kein !) fühlbares Spiel haben. Nicht von den Dichtringen irritieren lassen, diese dämpfen ein eventuelles Spiel. Die Rillenkugellager sind bauartbedingt zwar nicht völlig spielfrei, aber dadurch, daß zwei nebeneinander sitzen, dürfte ein fühlbares Spiel nicht auftreten. Falls doch, gleich raus damit. Auf der Nadellagerseite gilt das gleiche. Falls dort jedoch Spiel vorhanden ist, wird’s ein wenig schwieriger. Einfach neues Lager und Hülse rein hilft hier nicht, meist ist es danach zwar besser, aber eben nicht weg. Der Grund: Das Laufspiel des Nadellagers (richtiger der Nadelhülse) ergibt sich aus der Passung des Lagersitzes in der Schwinge. Und genau da schlägt mal wieder das Problem „Serienstreuung“ zu. Eigentlich könnte diese Lagerung ohne jede Lagerluft ausfallen, sogar eine leichte Vorspannung ist wünschenswert, aber da bei der Montage am Band alles schnell gehen muß und es keinesfalls mal vorkommen darf, daß die Innenhülse gar nicht reingeht, wird eben bei der Konstruktion (genau wie an vielen anderen Stellen von Fahrwerk und Motor) ein mehr oder weniger geringes Spiel in Kauf genommen. Das muß und soll aber nicht so bleiben ! Was also tun ? Solange die Nadelhülse noch in Ordnung ist, das ist sie ganz einfach solange wie sie nicht verrostet ist, läßt man eine neue Innenhülse mit entsprechendem Übermaß fertigen. Aber wieviel Übermaß ? Ausprobieren ! Meistens sind es so ca. 2-5/100 mm, ich habe aber auch schon mal 18/100mm erlebt. (Natürlich nicht bei einer Honda !). Zum Versuch zuerst mal 2 oder 3 Rundstücke drehen (lassen) die 2 , 4, bzw. 6/100 dicker sind als das Originalteil. Und dann probieren, welches reingeht. Es sollte mit Handballendruck gerade noch hineingehen. Wenn so das notwendige Maß ermittelt ist, eine entsprechende Innenhülse fertigen (lassen). Diese muß allerdings gehärtet und geschliffen werden. Auch dabei ist Fa. Emil Schwarz wieder eine mögliche Adresse, er hat auch entsprechende Bolzen auf Lager, so daß das Messen entfällt wenn man die Schwinge einfach hinschickt, aber im Prinzip kann das jede gute mechanische Werkstatt, nur vieeeeel billiger –
Natürlich sind alle diese Arbeiten mit viel, nicht zuletzt auch finanziellem Aufwand verbunden. Aber: Diese beiden Lagerstellen sind die Basis für ein gut liegendes, stabiles Fahrwerk !
Ohne perfekte Basis bleiben Änderungen an Geometrie, Federung/Dämpfung etc. nur Flickwerk !