Es war einmal ein Hinterrad

  • Moin Leute,


    nachdem meine Freundin und ich bei einer Tour durch Franken und Schwaben eins der letzten warmen Wochenende des Jahres genießen wollten, klagte die Dame plötzlich, dass ihre Hawk komische Geräusche macht und kurz darauf kein Gas mehr annehmen wollte.
    Wir haben auf einen Parkplatz ausrollen lassen und bemerkten, dass unsere Tour erstmal zu ende war: Die linke Achsmutter hatte sich verabschiedet und das Kettenblatt hing nicht mehr am Rad, sondern am Kettenschutz.


    Die Abdeckung des Ritzels ist zur Suche nach weiteren Schäden entfernt worden.


    Immerhin ist uns nichts passiert und auch die Hawk hat die außerplanmäßige Zerlegung ihres Hinterrades erstaunlich gut verkraftet, wenn man bedenkt, dass es zu einem Totalschaden hätte kommen können.


    Nachdem unsere Mopeds durch einen Bekannten abgeholt wurden, sitze ich jetzt zuhause und versuche rauszufinden, welche Teile überhaupt fehlen. Ich bin die Strecke nochmals abgefahren, auf der die Hawk Probleme machte, konnte aber keine verlorenen Teile finden. Mein Hauptproblem ist, dass ich dieses Rad noch nie zerlegt habe und nicht weiß, welche Teile ich eigentlich brauche und welche noch da sind. Die Explosionszeichnungen liegen zwar vor, aber viele der dort abgebildeten Teile sind nur als "irgendwas rundes" zu erkennen.
    Als Orientierung diente mir vor allem diese Zeichnung: https://www.bike-parts-honda.d…NTERRAD/91788/F_13/2/6680
    Was ich ansonsten an im Werkstatthandbuch finden konnte, ist im Anhang dieses Posts zu finden. Die Dateinamen entsprechen jeweils der Seite im Werkstatthandbuch, von denen ich sie kopiert habe.
    So sehen die Teile aus, die wir vom Moped noch haben:


    Der Pfeil zeigt auf einen Ring, der sich unabhängig vom Rest des Rades drehen lässt, den ich aber nach ein paar eher halbherzigen Versuchen (will die gute nicht unnötig beschädigen) nicht abgezogen bekomme.
    Über dem Lager ist ein umlaufendes, glänzendes etwas zu erkennen. Ob es ein Sprengring oder der äußere Lagerring ist, kann ich nicht erkennen.
    Hier ist nur das Lager, mehr nicht. Ja, die Auflagefläche ist ordentlich zerdellt -.-


    Ich gehe davon aus, das folgende Teile fehlen:

    • Die linke Achsmutter - (1) Lock nut in Abb. 13-7 - Teile-Nr. 90306-MZ7-000
    • Eine Art Hülse - (3) Side Collar in Abb. 13-7 - Teile-Nr. 42622-MN8-000
    • Ein Sicherungsblech - (4) Lock washer in Abb. 13-7 - Teile-Nr. 90501-MN8-000
    • Fünf Dämpferelemente - (3) Damper in Abb. 13-10 - Teile-Nr. 41241-MN8-003
    • Einen Dichtungsring - (4) O-Ring in Abb. 13-10 - Teile-Nr. 91352-MN8-003
    • Noch eine Hülse - (5) Rundes Ding in Abb. 13-10 - Teile-Nr. 42621-MN8-000 ?
    • Den Kettenschutz - Teile-Nr. 40510-MN8-00

    Ich gehe mal davon aus, dass der in Felge.jpg markierte Ring der ist, der in Abbildung 13-8 als (1) Dust Seal beschrieben ist.


    Jetzt sind meine Fragen an euch erfahrenere Hawk-Schrauber: Fällt euch noch etwas auf, dass ich vergessen haben könnte?
    Wisst ihr, wo man die fehlenden Teile her bekommen könnte oder habt selber noch ein Hinterrad zuhause rum liegen? Viele der Teile sind de facto nicht mehr auf dem Markt erhältlich.
    Einfache Dinge wie die Distanzhülsen oder das Sicherungsblech könnte ich auch selber herstellen, wenn jemand von euch so nett wäre, sie auszumesen.


    Vielen Dank euch im Voraus!

  • Ich würde sagen, Ihr hattet ziemlich viel Glück bei der Aktion.
    Wenn es bis zum Wochenende Zeit hat, kann ich den Aufbau mit dem Excenter vergleichen, den ich in der Werkstatt liegen habe.
    Gruß
    Rainer


    P.S.: "Links und rechts ein Kratzer, aber technisch keine Patzer!"
    Du hast echt Humor

    Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit (Milton H. Erickson)

  • So sieht das in der Realität aus:




    Den Simmerring sieht man nicht gut.
    Die Federscheibe (Lock Washer) selber herstellen ist schwierig, würde ich kaufen.
    Grüße
    Rainer

    Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit (Milton H. Erickson)

  • Moin Rainer,
    Vielen Dank für das Foto! Es ist tatsächlich bedeutend anschaulicher als all die Explosionszeichnungen!
    Jetzt bleibt mir tatsächlich nur noch eine Frage: In dem Teil, welches das Kettblatt trägt, ist ein Lager eingepresst, über dem ein Simmerring (91284-MR7-003, Detailansicht in Kettblatträger-außen.jpg) mit 50 mm Innendurchmesser sitzt. Bitte korrigiere mich, wenn ich mich irre, aber wenn man die drei Teile (Side Collar, Lock Washer und Lock Nut, in deinem Bild rechts vom Kettblatt) auf das Lager legt und die Mutter fest zieht, müsste der Sechskant der Schraube doch in dem Simmerring liegen, oder? Das Teil direkt rechts vom Kettenblatt (Side Collar, 42622-MN8-000) sieht auf den Zeichnungen (Vor allem in 13-7.jpg) zwar relativ dick aus, wirkt auf deinem Bild aber sehr flach - Das mag aber auch an der Perspektive liegen.


    Ja, die Federscheibe ist eine echte Herausforderung... Es ist extrem schwer, eine zu finden, aber ich hab mir ein paar Tellerfedern nach DIN 2093, Reihe C, 71x36x2 mm bestellt und versuche mal daraus ein Ersatzteil zu zaubern. Da fällt mir ein... Falls du das Originalteil noch in Reichweite hast, könntest du irgendwie dessen "Blechdicke" ausmessen? Im untenstehenden Bild wäre es das Maß s

    Ja gut, es sind doch zwei Fragen geworden.



    P.S.
    "Du hast echt Humor"
    Danke! Den Humor hab ich mir vor allem in besonders jungen Jahren aufgebaut, als ich immer mehr Motorräder haben wollte, als mein Geldbeutel eigentlich her gab. Da bin ich zu der Einstellung gekommen, dass ein hübsches Motorrad zwar durchaus seinen Reiz hat, aber dass man während der Fahrt nicht vielmehr als Tacho und Tank sieht - Da ist es wichtiger, dass es zuverlässig fährt. Nachdem ich gemerkt habe, dass ich meine Mopeds viel lieber fahre als ansehe, sind Dellen und Kratzer für mich immer weniger schlimm geworden.


    MfG,
    Eike

  • Hallo Eike,


    In dem Simmerring steckt der Side Collar, eine Scheibe von 9,7 mm Dicke. Darauf liegt die Federscheibe mit 3,3 mm.
    So sieht das aus, ohne die Mutter fest angezogen zu haben.


    Gruß
    Rainer


    Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit (Milton H. Erickson)

    Einmal editiert, zuletzt von Rainer () aus folgendem Grund: Korrigiert

  • Kleines Update: Ich habe zwei Händler gefunden, die angegeben hatten, die Achshülse (42622-MN8-000)auf Lager zu haben.
    Inzwischen hat sich raus gestellt, dass keiner der beiden dieses Teil hat oder besorgen könnte, da habe ich ein Ersatzteil dafür hergestellt. Die Zeichnung dazu findet ihr im Anhang.
    Die Länge von 9 mm ist wahrscheinlich kürzer als das, was das Originalteil hätte, allerdings versuche ich die Achsmutter (90306-MZ7-000) durch eine Kronenmutter zu ersetzen, die etwas höher ist. Ein Bericht dazu folgt in Kürze.

  • Moin Leute,
    inzwischen habe ich alle Teile zusammen getragen und die Hawk wieder zum Fahren gebracht. Der Plan, die Sicherungsmutter durch eine Kronenmutter zu ersetzen hat leider nicht geklappt, aber ansonsten funktioniert alles wieder.


    Das größte Problem war die Abstandshülse (42622-MN8-000), die ich nachbauen lassen musste, da die notwendige Parallelität der Flächen meine Möglichkeiten übersteigt.
    So sieht das reproduzierte Teil aus:
    Der Absatz ist leider nicht so tief eingeschnitten wie ich es gerne hätte, aber es funktioniert trotzdem wunderbar.


    Die Hülse sitzt gut in dem Kettblattträger:
    Man beachte, dass die Hülse nicht das ist, was am weitesten "oben" raus steht - Der Kettblatträger liegt höher.



    Das Rohteil habe ich noch leicht lackiert. Hab leider vergessen, ein Foto davon zu machen, aber so sieht das lackierte Teil im Kettblattträger aus:


    Jetzt zur Mutter: Der Sicherungsmechanismus der Original-Achsmutter gefällt mir nicht. Es kann nicht gesund sein, die Achsmutter zu verbiegen. Ich habe mir eine Kronenmutter gem. DIN 937 besorgt. Das Gewinde ist ein M35x1,5 und ich habe eine Härte von 17 genommen, aber so weich wie die Originalmutter ist, sollte auch eine Härte von 14 gehen. Von 12H würde ich persönlich abraten.
    Die Kronenmutter sitzt ohne die Federscheibe (90501-MN8-000) gut auf der Achse:
    Der Sechskant der Kronenmutter (Schlüsselweite 55) kollodiert nicht mit dem Kettblatträger.


    Der Vorteil einer Kronenmutter ist der Sicherungssplint, der die Mutter sicher an ihrem Platz hält und nach jeder Verbiegung ausgetauscht werden kann. Der Nachteil ist, dass man dafür in Loch in der Achse braucht und daran ist es bei mir gescheitert. Der Stahl, aus dem die Achse gemacht ist, war härter als mein bester Bohrer und ich habe nicht mehr als ein paar leichte Kratzer auf der Oberfläche hin bekommen. Ohne das Loch für den Splint muss ich also mit der Originalmutter vorlieb nehmen...
    Um die Original-Achsmutter zu verwenden, sollte man nicht auf die Federscheibe verzichten. Sie hilft, die Mutter sicher auf der Achse zu fixieren. Hier ist meine Achshülse jedoch ein Hindernis gewesen: Sie ist zu kurz. Die Gesamtlänge von 9 mm habe ich so gewählt, dass die Kronenmutter noch gut auf die Achse passt. Die Original-Achsmutter ist bedeutend niedriger als die Kronenmutter und passt daher mit der Original-Federscheibe auf die Achse, jedoch hatte ich auch keine Original-Federscheibe. Sie ist quasi überall ausverkauft und da sie aus Federstahl sein muss, kommt selbst nachbauen auch nicht wirklich in Frage. Ich habe eine Tellerfeder nach DIN 2093 C71 (alternative Bezeichnung: DIN 2093 71x36x2. Auf jeden Fall Typ C verwenden, A und B sind unnötig steif) bestellt, da sie eine ähnliche Federrate wie das Orginalteil hat. Der Innendurchmesser von 36 mm ist zwar nicht optimal, aber nicht so tragisch, dass ich mir die Mühe machen würde, eine kleinere Tellerfeder aufzubohren. Diese Tellerfeder hat einen Außendurchmesser von 71 mm und ragt über den Dichtring hinaus. Meine Distanzhülse ist so niedrig, dass ihre Oberseite tiefer liegt als der äußerste Punkt des Kettblattträgers (sieht man in Sitz_roh). Die Tellerfeder lag auf dem Kettblattträger auf, nicht auf der Distanzhülse. Ich habe Passcheiben nach DIN 988 gehabt und damit die Höhe der Distanzhülse um 1,5 mm erhöht, im Endeffekt hätte ich jedoch lieber 2 mm genommen. Im Anhang dieses Posts findet ihr die Zeichnung einer um 2 mm verlängerten Distanzhülse. Mit der Original-Federscheibe würde ich die Verwendung der niedrigeren Hülse empfehlen, da dadurch das Sicherungsblech der Achsmutter mehr Kontakt zur Achse hat.
    So sieht das zusammen gebaute Hinterrad mit der Tellerfeder aus:
    Im angezogenen Zustand gibt es einen leichten Spalt zwischen Feder und Kettblattträger


    Die Feder ist definitiv größer als unbedingt notwendig, aber vielleicht bringt sie ja etwas Extra-Schutz vor Beschädigungen des Dichtrings. Außer des höheren Gewichts sollte sie jedenfalls keine Nachteile haben.


    Ansonsten gibt es keine größeren Weisheiten, die ich euch aus dieser Erfahrung mitgeben kann, außer der Einen: Besorgt euch eine Hakenschlüssel, wenn ihr noch keinen habt. Den Exzenter ohne einen solchen zu drehen ist ein echter Kampf!

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!